München, den 06.09.2013


An die Parteien

CDU, SPD, Bündnis 90/die Grünen, FDP, die Linke
Sehr geehrte(r) Vorsitzender,


In der Resolution des Deutschen Bundestages vom 10. Juni 2011 „Deutschland und Polen – Verantwortung aus der Geschichte, Zukunft in Europa“ stellt der Bundestag u.a. fest:
„… dass Polen und Deutschland (…) heute die deutsche Minderheit in Polen und die polnischstämmigen Bürger in Deutschland als natürliche Brücken der Verständigung zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk (betrachten). Viele Menschen mit polnischen Wurzeln wurden im Laufe der Geschichte zu Deutschen und haben aktiven Anteil an der gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung unseres Landes. Noch heute zeugen viele Familiennamen davon. In der Zeit des Nationalsozialismus aber wurden Angehörige der damaligen polnischen Minderheit in Konzentrationslagern umgebracht, ihre Organisationen verboten und enteignet. Der Bundestag will diese Opfer ehren und rehabilitieren. Wir sprechen uns deshalb für die Einrichtung einer Dokumentationsstelle zur Geschichte und Kultur der Polen in Deutschland aus. Wir bekräftigen zudem die Rechte zur Stärkung der kulturellen und sprachlichen Identität und befürworten die Förderung der Arbeits- und Entwicklungsmöglichkeiten für die polnischstämmigen Bürger in Deutschland, einschließlich der Eröffnung eines Büros in Berlin. Wichtigste Grundlage für gute nachbarschaftliche Beziehungen sind die Begegnungen der Menschen. Politische und private Organisationen der Zivilgesellschaft leisten einen wichtigen Beitrag, wie beispielsweise die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, das Deutsche Polen-Institut Darmstadt, das zweisprachige Magazin „DIALOG“ oder die vielen deutsch-polnischen Gesellschaften und deren Bundesverband, sowie der Konvent Polnischer Organisationen in Deutschland und der Bund der Polen in Deutschland (Rodło).“
Die Bundestagswahl 2013 hat aus der Sicht der Polen in Deutschland, deren Vertretung u. a. der „Konvent der Polnischen Organisationen“ ist, einen großen Stellenwert. Aus diesem Grund erlauben wir uns an Sie als Vorsitzenden der Partei (…) folgende Fragen zum Wahlprogramm Ihrer Partei zu stellen:
1. Ist Ihnen persönlich und dem Parteivorstand als dem leitenden Gremium die Resolution des Deutschen Bundestages zum deutsch-polnischen Verhältnis vom 10. Juni 2011 und die der polnischen Seite darin gegebenen Versprechen noch in Erinnerung?
2. Sind Sie und ist Ihre Partei der Auffassung, dass die jetzige Bundesregierung jene Versprechen des Deutschen Bundestages sowie die Beschlüsse des deutsch-polnischen „Runden Tisches“ vom 12.Juni 2011 ernst genommen hat, indem sie Maßnahmen zu deren zügigen Realisierung ergriffen hat?
3. Stellt nach Ihrer Auffassung die Einrichtung einer zentralen Geschäftsstelle für das deutsche Polonia und eines Internetportals in der bisherigen Form eine gute und ausreichende Realisierung der Beschlüsse des deutsch-polnischen „Runden Tisches“ vom 12.Juni 2011 sowie der genannten Bundestagsresolution dar?
4. Ist Ihnen bekannt, dass die genannte Geschäftsstelle der Polonia in Berlin und das Internetportal für das laufende Jahr keine Fördermittel erhalten haben? Halten Sie die Vorgehensweise der für die Zuteilung der Fördermittel zuständigen Beamten des BMI, BKM und des Bundesverwaltungsamt für zulässig, wenn sie ohne plausible Erklärung die ohnehin sehr knapp bemesse Förderung einstellen und damit die Arbeit der Geschäftsstelle von einem Tag auf den anderen völlig paralysieren?
5. Die Bundesregierung fördert in Polen das für die deutsche Minderheit bestimmte Projekt „Zwei Sprachen - doppelte Chance”. Sollte die Bundesregierung gemäß den im deutsch-polnischen Vertrag „Über die gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit“ vom 17. Juni 1991 eingegangenen Verpflichtungen etwa nicht auch in Deutschland den Polnisch-Unterricht als Muttersprache sowohl im öffentlichen als auch im privaten Schulwesen fördern und zwar in ähnlicher bzw. identischer Weise als es seinerzeit mit Kindern der in Deutschland lebenden Gastarbeiter gewesen ist?
6. Die Organisationen der polenstämmigen Bürger in Deutschland erhalten für ihre öffentliche Arbeit und sonstige Statutenkonforme Tätigkeit keine Förderung, weder aus Landes- noch aus Bundesmitteln. Sind Sie nicht der Auffassung, dass dies sich ändern sollte?
7. Teilen Sie nicht unsere Meinung, dass die meisten Hindernisse auf dem Wege zur ehrlichen, zukunftsweisenden Umsetzung von Versprechungen aus der Resolution des Deutschen Bundestages zum deutsch-polnischen Verhältnis vom 10. Juni 2011 am effektivsten mit Hilfe einer von der Bundesregierung/des Bundestages ins Leben zu rufenden Stiftung „Deutsche Polonia“ zu beheben wäre? Einer Stiftung, die institutionelle Tätigkeit von Organisationen polenstämmiger Bürger und insbesondere den Polnisch-Unterricht und die Pflege des polnischen Kulturgutes in Deutschland zu fördern.
Für baldige, substantielle Antworten auf die von uns gestellten Fragen, bedanken wir uns im Voraus und verbleiben
mit größter Wertschätzung


Konwent der Polnischen Organisationen in Deutschland